<<Orphée>> in moderner Sicht
Pförtnerhaus: Kellertheater Rheintal
präsentiert neue Version von Orpheus und Eurydike
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FELDKIRCH - Das Kellertheater
Rheintal präsentierte am
Freitag im Feldkircher Pförtnerbaus eine neue
Version des uralten Mythos von Orpheus und Eurydike. Der Mythos vom Sänger Orpheus und seiner Gattin Eurydike, die er nach ihrem Tod aus der Unterwelt vergeblich erretten will, hat grosse Künstler aller Generationen und Sparten stets aufs Neue inspiriert. Es seien nur Namen wie Ovid, Vergil, Gluck, Monteverdi, Offenbach, Orff, Strawinsky, Anouilh oder das französische Universalgenie Jean Cocteau (1889 - 1963) genannt, der den Stoff 1926 erstmals literarisch behandelte, 1949 dann aber das filmische Meisterwerk «Orphée» mit seinem Lebensgefährten Jean Marais schuf. Das 2001 von den beiden Theaterfreaks Wolfgang Schnetzer und Michael Heinzel (vom Antiquariat Chybulski) gegründete Kellertheater Rheintal brachte in seinen bisherigen Produktionen mit Werken von Wolfgang Bauer, Ionesco oder nun bearbeitet Cocteau, aber auch von Theatergründer Wolfgang Schnetzer, stets aufregendes, unkonventionelles Theater auf die Bretter, diesmal im geräumigen Saal des Pförtnerhauses. Die Premiere des Stücks «Oipheus‘ Fall», das Wolfgang Schnetzer von der stark veralteten Vorlage Jean Cocteaus in die Gegenwart transferiert und rigoros überarbeitet hat, verwendet eigentlich nur noch das dramaturgische Korsett des legendären Franzosen. Ja, Schnetzer geht so weit, dass er den als Tragödie bekannten Mythos des unglücklichen Liebespaares letztendlich ins Komische kippen lässt. |
![]() Michael Heinzel und Paula Rinne gaben im Pförinerhaus Orpheus und Eurydike. |
Geschlechterkampf, der allerdings inkl. Tod und Jenseits
(Unterwelt)
komödiantisch aufgepeppt wird. Gewiss, in den beiden
Polizisten
könnte man auch die Staatsmacht kontra Individuum, im
ominösen,
stets grinsenden Drahtzieher Gabriei aber gewiss nicht den Erzengel
sehen ...
Profiliertes Ensemble
Das kleine, profilierte Ensemble wird zweifellos von
Michael Heinzel als
mal grüblerischer, mal selbstherrlicher Orpheus dominiert.
Seine
Eurydike Paula Rinne wirkte eher wie ein grosses, passives
Mauerblürnchen. Helmut Ritter als grellgelb gewandetem,
geheimnisvollem Gabriel hätte man mehr Action anvertrauen
können
als das dauernde süffisante Lächeln. Renée
Lormanns
war eine imposante «Tödin» Madame la Mort.
Jasmin
Bertschler und Anna Kofler tummelten sich als Frauenvolk, Bertram
Seewald und Bruno Gasser agierten als zweifelhafte Kripo-Herren.
Künstler Roland Adlassnigg lieferte die Orpheus-Büste.
Wolfgang Schnetzer, der für die textliche Bearbeitung und
Regie
im originellen Bühnenbild von Wolf! Sand verantwortlich ist,
präsentiert mit seinem Ensemble eine neue Eigenproduktion, die
zweifellos sehenswert ist und zu Diskussionen anregt. Weitere Aufführungen im Feldkircher Pförtnerhaus: 4., 5., 9, 11. und 12. April, jeweils 20 Uhr. Vorverkauf: Tel. 0043/5522/ 72895 oder unter office@saumarkt. |
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Überzeitliche Problematik
In der Schnetzer-Version des Mythos/Cocteau-Stoffes ist Orpheus Schriftsteller und Rationalist, Eurydike hat eine Schwäche für Esoterik. Es kriselt in der Liebesbeziehung jedenfalls gehörig, bis Eurydike stirbt. Nun wird das berühmte Wort zur Realität, dass man nur das wirklich besitzt, was man verloren hat. Orpheus ist untröstlich; es kommt zum Gang in die Unterwelt, begleitet wird er von seinem eher windigen Freund des Hauses. Orpheus kann seine Gattin aus den Armen von Madame la Mort befreien |
unter der Bedingung, dass sich das Paar danach nicht mehr ins Gesicht schaut. Die Streitigkeiten beginnen wieder, ihre Blicke treffen sich, Eurydike muss zurück in die Unterwelt, und der antifeministische Orpheus wird bald darauf von einer Weibergruppe getötet (Chiffre dafür - seine Büste wird geschändet). Wo Cocteau und Co. noch dramatisch-betroffen agieren, ist die neue Version des Stoffes ein Mix aus Ernst und absurder Situationskomik (der Eingang in den Hades ist etwa eine Badewanne, die Unterwelt selbst ein mannshoher, blau erleuchteter Kühlschrank ...Essenz: Orpheus und Eurydike sind hier das Synonym für den ewigen |
Liechtensteiner Volksblatt, 4. April 2008
Artikel im Original