Theater Die Höllenfahrt des Kellertheater Rheintal - «Batyscaphe», ein frühes Wolfgang-Bauer- Stück |
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„Batyscaphe oder: Die Hölle ist oben“
von Wolfgang Bauer Kellertheater Rheintal Regie: Wolfgang Schnetzer Mit Bertram Seewald, Bianca Baur, Bruno Gasser, Jasmin Bertschler, Michael Heinzel, Helmut Ritter, Sandra Müller Technik: Markus Marte Kostüm: Michaela Haspl Lichttechnik: Martin Beck Premiere: 18. 10. 06 21/25. 10. 2006 Jeweils 20.15 Uhr Theater am Saumarkt, Feldkirch |
In der Antike begleitete der
Fährmann Charon die frisch Verstorbenen über den Styx, bzw.
den Jordan. Bei steigenden Bevölkerungszahlen konnte sein Boot
den Ansturm der Toten nicht mehr bewältigen. Daher musste sich
die Leichenspedition stark reformieren. Das Gewerbe war mehreren
Modernisierungsschüben unterworfen. Im Zweiten Weltkrieg, also
zu Zeiten der Hochkonjunktur, wurde erstmals ein U-Boot für
diese Aufgabe eingesetzt. Ein Transportmittel, das in den 50er Jahren
des vergangenen Jahrhunderts vom Schweizer Ingenieur Auguste Piccard
entscheidend weiterentwickelt wurde. Seine von ihm so benannte
«Bathyscaphe» (griechisch «bathos« / Tiefe
und «skaphos« / Schiff) befördert höhere
Stückzahlen in höherer Frequenz zu äußerst
günstigen Preisen. Der Fährmann konnte wegrationalisiert
werden, die Türen schließen automatisch. Doch auf einmal
lässt der Boss der Tauchgesellschaft eine Störung im Ablauf
seines Transportwesens zu. Ein (lebender) Reporter erhält die
Erlaubnis, live von einer Reise ins Jenseits zu berichten. Eine
Sensation! Zeitzeuge dieses Ereignisses war auch Herr Wolfgang Bauer
aus Graz, der diese Vorgänge protokollierte. Sein Bericht aus
dem Jahr 1961 wird dem Vorarlberger Publikum nun erstmals durch das
Kellertheater Rheintal zugänglich gemacht.
Der Bericht
Im Januar 1960
tauchte Auguste Piccard, der Großvater des Ballonfahrers
Bernard Piccard, an der tiefsten Stelle des Ozeans über 10,000
Meter in den Mariannengraben hinab. In jener Zeit, als man der
Technik noch zutraute, den Menschen aus seiner selbstverschuldeten
Unmündigkeit zu befreien (Versuche, dich deiner eigenen Maschine
zu bedienen!), provozierte ein solches Ereignis entsprechend großes
Medienecho. Auch der junge Versuchsdichter Wolfgang Bauer (Trial,
Drink and Error) wurde dadurch zu Tagträumereien veranlasst. Zur
selben Zeit kleideten sich in Europa, vor allem in Paris, die jungen
Intellektuellen in schwarze Sakkos und Rollkragenpullis. Sie zogen
ihr Selbstverständnis aus dem Versuch, ihr Leben unverfälscht
und direkt, natürlich fern aller Konventionen zu leben. Einer
der Dichterheroen dieses Existenzialismus war Jean-Paul Sartre. Er
schrieb 1944 ein Stück mit dem Titel «Huit Clos»
(deutsch: «Geschlossene Gesellschaft«). Drei frisch
Verstorbene finden sich in
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einem Zimmer wieder und stellen
fest, dass sie a) da nie wieder rauskommen und b) dass die
Mitgefangenen die Hölle sind. Bei Sartre sind die Leute in einem
übertragenen Sinn tot, sie sind Gefangene ihrer
gesellschaftlichen Zwänge. Bei Bauer hingegen wird diese strenge Schlussfolgerung ins Schmähhafte gebrochen. Es ist eh alles nicht so wichtig, Konventionen sind zwar gegeben, aber durchaus nicht ernst zu nehmen. Außerdem ist der Tod kein so ein bedrohliches Ereignis, im Gegenteil, er stellt eine Befreiung vom Leben dar. Bauers Hölle ist friedlich und lustig. Wirklich beeindruckt war Wolfgang Bauer allerdings vom absurden Theater des Eugene lonescu. Dessen Arbeiten verkehrte er nicht so despektierlich ins Gegenteil wie das etwas moralinsaure «Huit Cbs«. Bei lonescu verlagert sich die Dramaturgie weg von der Ebene des eindeutig Sprachlichen und hin zu der Tatsache, dass Kommunikation eben nicht nur eine Angelegenheit der sinnvollen Aussage ist. Zur Verständigung und damit auch für die Konflikte reichen die Gesten aus, die Codes und Gefühlsäußerungen aller Art. Nein, so virtuos wie lonescu handhabte der junge Bauer sein Spiel mit den Zwischentönen nicht, aber er ist rotziger, unbekümmerter und gesegnet mit einem frischen Humor.
Die Truppe
Auch die erste
Produktion des Kellertheater Rheintal im Herbst 2001 war ein Einakter
von Wolfgang Bauer: «Maler und Farbe«. Mit der heurigen
fünften Produktion des Ensembles kommt ein weiterer früher
Einakter des im vergangenen Jahr verstorbenen Grazer Dramatikers auf
die Bühne. Großen Dank schuldet das Kellerthearer dem
Saumarkttheater in Feldkirch, es bietet und bot wichtige
infrastrukturelle Unterstützung.
Michael Heinzel |
Vorankündigung aus Kultur Nr. 8/2006
Artikel im Original